Während Farbe, Design, Konstruktion und Stil bei der Auswahl eines Anzugs entscheidend sind, ist der Stoff das wichtigste Element. Denn der Stoff wird später sowohl die Funktion als auch die Ästhetik beeinflussen. Tauchen wir ein in die Welt der Anzugstoffe.
Der meistverwendete Stoff für den Maßanzug ist Schafwolle. Nach den Schafrassen unterscheidet man verschiedene Wollarten. Die feinste unter ihnen ist die Merinowolle. Das Geheimnis der Schafwolle liegt in ihren unterschiedlichen Faserarten. Während die Außenfaser Wasser abweist, kann der Faserstamm im Inneren rund ein Drittel ihres Eigengewichtes an Feuchtigkeit aufnehmen. Zudem speichert sie Körperwärme und wirkt wärmeregulierend. Damit eignet sich das Material sowohl für heiße Sommertage als auch für die kühle Jahreszeit. Ihre natürlichen Eigenschaften geben dem Anzug den klassischen Look und sorgen gleichzeitig dafür, dass der Anzug den ganzen Tag über weich und faltenfrei bleibt.
Die Qualität der Wolle ist an den verschiedenen Körperpartien des Schafes unterschiedlich. Die beste Wolle gewinnt man von den Schulterpartien und den Flanken, gefolgt von Rücken, Hals, Beinen, Stirn sowie Scheitel und Bauch.
Neben der Schafwolle gibt es noch Kaschmirwolle von Kaschmirziegen, die sehr wärmend, weich und fein ist. Für den Sommer ist Leinen ein idealer Stoff für den Maßanzug. Es ist einer der ältesten Rohstoffe für Kleidung und leitet Körperwärme schnell ab. Seide kommt in der Welt der Herrenmode eher als Beimischung zum Einsatz. Sie ist sehr fein, leicht und knitterarm.
Superzahlen sind normalerweise das Erste, was einem auffällt, wenn es um Anzugstoffe geht. Das Wort „Super“ besagt, wie fein die einzelnen Wollstränge sind, die zu Garn gesponnen und dann zu Stoff gewebt wurden. Sie wird im Allgemeinen auf der Rückseite des Stoffes als „Super“ oder „S“, gefolgt von einer Zahl 80 bis 200, gekennzeichnet. Je mehr Stränge aus einem Kilogramm Wolle hergestellt werden können, desto höher ist die Zahl und so feiner die Wolle. Das bedeutet, dass der Stoff weicher und flexibler ist.
Das Gewicht eines Stoffes wird durch die Dichte des Gewebes, seine Zusammensetzung und seine Verarbeitung bestimmt. Entgegen der landläufigen Meinung bedeutet ein feiner Stoff mit hoher Superzahl also nicht unbedingt, dass er weniger wiegt. Die typischen Stoffgewichte liegen zwischen 175g und 320g. Wir empfehlen 175G-225G (superleicht) bei sehr feinen Smokings, 225G-250G (leicht) bei sehr warmen Temperaturen, 250G-285G (mittelschwer) bei Anzügen, die man das ganze Jahr trägt und 285+ (schwer) im Herbst und Winter.
Unsere Gesellschaft hat sich über die letzten Jahrzehnte zu einer Wegwerfgesellschaft entwickelt. Heute gekauft, morgen schon wieder entsorgt. Laut einem Bericht von McKinsey konsumieren wir weltweit mehr als 100 Milliarden Kleidungsstücke pro Jahr. Wobei Kleidung laut einer Umfrage im Durchschnitt nur sieben Mal getragen wird, bevor sie weggeworfen wird.
Wir haben mit einem Münchner Maßschneider über nachhaltige Stoffe gesprochen. Er sagt: „Früher wurde der Anzug an die nächste Generation weitervererbt, was per se nachhaltig ist. Heute müssen wir uns zurückbesinnen auf alte Methoden der Wollherstellung. Wir verwenden zum Beispiel Stoffe von den Webereien Piacenza oder Loro Piana, die eigene Schafe züchten und ihre Wolle ausschließlich in Italien verarbeiten. Durch eine sorgfältige Auswahl und die Kreuzung von Tieren mit bestimmten Erbanlagen erlangen die Schafe wieder ihre ursprünglichen Merkmale zurück, genauso wie die Strahlkraft, die Beständigkeit und die charakteristischen Farben ihrer Wolle“.